Möchtest du verhandeln lernen? Dann bist du in dieser Folge genau richtig! Erfahre wie du in 9 Schritten das bekommst, was du wirklich willst. Ganz egal ob im Gespräch mit Kunden, Lieferanten und Mitarbeitern oder im Privatleben: Die Kunst des Verhandelns ist eine zentrale und unerlässliche Metafähigkeit eines Unternehmers.
Unser heutiger Podcastgast Jan ist niemand, der 3 Bücher zum Thema verhandeln lernen gelesen hat und sich nun Experte nennt, sondern hat 13 Jahre hauptberufliche, praktische Erfahrung im Bereich Krisenverhandlung gesammelt.
Aus Erfahrung weiß er, dass der Großteil der Menschen aus dem Bauchgefühl verhandelt und kein festes Konzept verfolgt und das Vorgehen kaum reflektiert. Dementsprechend bleiben auch die Ergebnisse eher mager.
In seinen 13 Jahren Erfahrung hat er eine 9-stufige Routine ausgearbeitet, die ebenso auf den Businesskontext anwendbar ist, sodass Jan seit einigen Jahren auch Verhandlungstrainings und Seminare bei großen Banken gegeben hat.
Jeder ambitionierte Unternehmer wird zwangsläufig mit Kunden, Auftraggebern, Produzenten oder Investoren in Verhandlung treten müssen. Daher ist der Metaskill des Verhandelns ein wichtiges Werkzeug im Repertoire jedes Unternehmers.
Verhandeln lernen: Der 9 Schritte einer gelungenen Verhandlung
Verhandeln lernen – Schritt 1: Eine gelungene Vorbereitung
Essentiell für ein gelungenes Verhandlungsgespräch ist eine gelungene Vorbereitung. Bei einer gelungenen Vorbereitung spielen dem Verhandlungsgestand noch zwei weitere (oft unterschätzte) Faktoren eine zentrale Rolle.
- Der Verhandlungspartner
Hier hilft die Frage: Mit wem habe ich es zu tun? Eine Hintergrundrecherche um sich einen groben Überblick über die Werte, den Standpunkt und die Denkweise des Gegenübers zu verschaffen, ist in diesem Fall überaus hilfreich.
Hilfreich bei der schnellen Einordnung des Gegenübers können Modelle, wie das DISG Modell oder das in der Psychologie verankerte und validierte Persönlichkeitsmodell der Big 5 sein.
- Der eigene Standpunkt
Auch die Evaluation der eigenen Möglichkeiten und Standpunkte ist ein fester Bestandteil einer Vorbereitung auf ein Verhandlungsgespräch. Besteht ein Abhängigkeitsverhältnis von einer Seite zur anderen Seite? Kann ich auf Alternativen zurückgreifen, falls es nicht zur Einigung kommt?
Diese Fragen sind nur eine Auswahl derer, die bei einer Vorbereitung durchdacht werden sollten. Allgemein hilfreich ist es sich eine so genannte BATNA zu schaffen. BATNA („Best Alternative To a Negotiated Agreement“) steht für die beste Alternativoption, falls es bei einer Verhandlung nicht zu einer Einigung kommt. Mit einer guten Alternativoption bei einem geplatzten Deal ist es leichter von einer Position der Souveränität zu verhandeln als von einer Position der Verzweiflung.
Verhandeln lernen – Schritt 2 & 3: Der erste Eindruck zählt
Wenn man im Bereich der Vorbereitung seine Hausaufgaben erledigt hat, ist der nächste Schritt über eine geeignete Begrüßung nachzudenken. Es macht einen Unterschied, ob die Konversation übers Telefon, über Skype oder eine Webkonferenz geführt wird.
Auch wenn die Begrüßung für viele nach einem banalen Thema klingen mag, spielt der erste Eindruck eine Rolle. Hier können zwei Faustregeln aus Dale Carnegies Klassiker Wie man Freunde gewinnt Abhilfe schaffen.
1) Wer sich für andere interessiert, ist überall willkommen
Dale Carnegies zentraler Leitsatz lautet: Wer sich für andere interessiert, gewinnt in zwei Monaten mehr Freunde als jemand, der immer nur versucht, die andern für sich zu interessieren, in zwei Jahren.
Die meisten Menschen freuen sich, auf einen interessierten Zuhörer zu stoßen – insbesondere dann, wenn er sie ermutigt, von sich selbst zu sprechen. Es ist ganz natürlich, sich für die eigene Person zu interessieren, und entsprechend freuen wir alle uns, wenn jemand anderes dieses Interesse an uns teilt.
Daher machen wir uns für andere besonders interessant, indem wir selbst wenig sagen, dafür jedoch viel fragen und unser Gegenüber dazu ermutigen, über sich zu sprechen. Um interessant zu sein, müssen wir interessiert sein.
Der Psychologe Alfred Adler schrieb:
Der Mensch, der sich für seine Mitmenschen nicht interessiert, hat im Leben die meisten Schwierigkeiten und fügt andern am meisten Schaden zu. Solche Menschen sind die Ursache allen menschlichen Elends.»
Dieses Interesse an anderen Menschen verhalf auch Theodore Roosevelt zu seiner Popularität. Sogar seine Dienstboten liebten ihn. Sein farbiger Diener, James E. Amos, schrieb ein Buch über ihn mit dem Titel: Theodore Roosevelt, der Held seines Dieners. Darin beschreibt er die folgende Situation:
«Meine Frau erkundigte sich einmal beim Präsidenten nach Wachteln. Sie hatte noch nie welche gesehen und er beschrieb sie ihr ausführlich. Einige Zeit später klingelte das Telefon in unserem Häuschen. Meine Frau nahm den Hörer ab und Mr. Roosevelt war persönlich am Apparat. Er hatte sie angerufen, um zu sagen, dass vor ihrem Fenster eine Wachtel säße, und wenn sie hinausschaue, könne sie sie vielleicht sehen. Solche Kleinigkeiten waren typisch für ihn. Jedes Mal, wenn er an unserem Häuschen vorbeiging, hörten wir ihn rufen: ‹Huhu, Annie!› oder ‹Huhu, James!›, selbst wenn er uns gar nicht sehen konnte. Er schickte uns einfach einen freundlichen Gruß.»
2) Ein gutes Gedächtnis ist Gold wert
Soziale Intelligenz bedeutet nicht nur, andere freudig zu begrüßen und in Gesprächen Interesse zu zeigen, es heißt zum Beispiel auch Namen, Geburtstage und andere Details im Kopf zu behalten. Das erfordert etwas Aufwand (z.B. indem man sich nach einem Gespräch Notizen macht). Doch dieser wird in jedem Fall belohnt.
Der eigene Name zum Beispiel hat für jeden eine große Bedeutung. Sich den Namen einer neuen Bekanntschaft sofort zu merken und ihn unmittelbar im Gespräch zu verwenden, ist eine sehr subtile und wirkungsvolle Methode um sympathisch zu wirken.
Ein Gespräch mit Interesse und Wertschätzung zu beginnen, kann einen entscheidenden Unterschied machen. Meist ist es daher nicht ratsam unmittelbar nach dem ersten „Hallo“ in einen harten Salespitch überzuleiten.
Verhandeln lernen – Schritt 4: Bedürfnisstrukturergründung
Dieses zugegebenermaßen etwas technisch klingende Wort Bedürfnisstrukturergründung deutet auf das fundamentale Ziel einer jeden Verhandlung hin- herauszufinden, was der Gegenüber haben möchte. Besonders interessant in diesem Kontext ist eine Kombination aus aktivem Zuhören und leitenden Fragen.
Carl Rogers, einer der großen Psychotherapeuten des zwanzigsten Jahrhunderts, wusste einiges über das Zuhören. Er schlug vor, dass seine Patienten ein kurzes Experiment durchführen sollten, wenn sie sich in einem Streit wiederfanden. Doch dies lässt sich auch auf den unternehmerischen Kontext übertragen.
Wenn es zu einer Verhandlung kommt, soll die Regel gelten: Jeder kann für sich selbst und seinen Punkt einstehen, nachdem er zuerst die Gedanken und die Position des Vorredners genau und zur Zufriedenheit des vorangegangenen Sprechers richtig wiedergegeben hat.
Dieser Zusammenfassungsprozess bietet mehrere wesentliche Vorteile. Der erste Vorteil ist, dass du wirklich verstehst, was die Person sagt und mit ihren Worten meint. Rogers bemerkt dazu: „Klingt einfach, oder? Aber wenn du es versuchst, wirst du feststellen, dass es eines der schwierigsten Dinge ist, die du jemals versucht hast. Wenn du eine Person auf diese Weise wirklich verstehst, wenn du
bereit bist, in seine private Welt einzutreten und zu sehen, wie ihm das Leben erscheint, riskierst du, selbst verändert zu werden.“
Der zweite Vorteil bei der Anwendung der Roger-Methode des aktiven Zuhörens ist, dass verhindert wird, dass der eine Gesprächspartner den anderen bewusst manipuliert und dominiert. Es ist nicht das Ziel einen Gesprächspartner zu dominieren und die Verhandlung zu „gewinnen“. Ein Geschäftspartner, der sich übers Ohr gehauen fühlt, wird sich vermutlich sehr ungerne auf weitere Geschäfte mit dir einlassen und wohlmöglich deine Reputation schädigen. Eine Win-Win-Situation, in der beiden Parteien profitieren, ist eine langfristigere Strategie.
Bei der Bedürfnisstrukturergründung geht es dementsprechend darum den konkreten greifbaren und individuellen Nutzen für den Kunden herauszufiltern.
Verhandeln lernen – Schritt 5: Angebot präsentieren
Wenn die Gegenpartei nun in der Verhandlung weitere Nachfragen zum Produkt stellt und auf körpersprachlicher Ebene mit einem Hervorlehnen Interesse bekundet, ist es Zeit zum Angebot überzugehen und das Produkt zu präsentieren und zu bewerben.
Wichtig ist es sich primär auf die Produktvorteile zu konzentrieren und nicht auf die Produktmerkmale. Den meisten Kunden sind die Maße des Produkts egal. Die Kunden interessiert die Frage: Was springt für mich dabei heraus?
Verhandeln lernen – Schritt 6: Einwände und Vorwände
Ein zentraler Schritt, der beim Thema verhandeln lernen unerlässlich ist, ist die Einwandbehandlung. Im Optimalfall hast du die Einwände schon in der vorausgegangen Präsentation des Produkts vorausgenommen und entkräftigt.
Eine Faustregel, die im Rahmen dessen im Hinterkopf behalten werden sollte, ist es kundenorientiert an die Möglichkeit einer gemeinsamen, für beide Seiten zufriedenstellenden Lösung zu appellieren. Dies kann beispielsweise mit einer Phrase wie „In der Vergangenheit habe ich ähnlich gedacht. Dann habe ich mich mit der Sache einmal etwas intensiver beschäftigt und bin zu folgendem Ergebnis gekommen…Schauen wir doch einmal wie wir gemeinsam in
Zukunft arbeiten können.“ erreicht werden.
Verhandeln lernen – Schritt 7: Abschlusssignale erkennen
Der nächste Schritt sieht vor die subtilen Abschluss- und Verabschiedungssignale des Gegenübers zu erkennen, nachdem alle Einwände aus dem Weg geräumt sind und die Vorteile dem Kunden so gut wie möglich aufgezeigt wurden. In dieser Phase werden die Ergebnisse noch einmal zusammengefasst.
Verhandeln lernen – Schritt 8: Dokumentation & Reflexion
Selbst wenn der eigentliche Verhandlungsprozess beendet ist, ist die Arbeit noch nicht abgeschlossen. Nun geht es darum die vorausgegangenen Erwartungen schriftlich mit der harten Realität zu vergleichen, indem man sich Fragen stellt, wie:
• Was kann in Bezug auf meine Verhandlungsstrategie optimiert werden?
• Welche Worte, Phrasen oder Argumente haben letztendlich zur Einigung geführt?
• Habe ich die Bedürfnisstruktur des Kunden erkannt?
• …
Für welche Fragen du dich auch immer entscheiden magst: Es ist wichtig einen Prozess der Messbarkeit und Reflexion zum Teil der Routine zu machen. Denn nur das, was gemessen wird, kann auch verbessert werden.
Verhandeln lernen – Schritt 9: Sensemakingmail
Im finalen Schritt geht es darum eine Sensemakingmail zu formulieren. Dabei zielt man darauf ab noch einmal mit dem Verhandlungspartner in Kontakt zu treten, sich zu bedanken und die wesentlichen Vereinbarungen zusammenzufassen, um Verbindlichkeit aufzubauen und einen Ausblick zu geben.
Abschließende Worte
Wie du dir vorstellen kannst, ist ein 20 minütiger Podcast und die dazu gehörige Zusammenfassung in Blogform kaum in der Lage alles rund um das Thema verhandeln lernen zu erfassen. Daraus entspringen folgende Fragen:
• Gibt es Fragen rund um das Thema verhandeln lernen , die offen geblieben sind?
• Welchen Schmerzpunkt in deinem Unternehmen könnte die Fähigkeit des besseren Verhandelns für dich lösen?
• In welchem Kontext könnten dir mehr Informationen über die Kunst des Verhandelns behilflich sein?
Schreib deine Antwort gerne jetzt in die Kommentare!