Irrationale Denkfehler vermeiden: Auch wenn wir dazu neigen zu glauben, dass wir unsere Entscheidungen hauptsächlich rational treffen, machen uns die heutigen psychologischen Erkenntnisse einen Strich durch die Rechnung.

Wenn das der Fall wäre, würde ein Großteil der Bevölkerung einen Volvo fahren, weil er übersetzt genau das tut, was ein Auto tun soll: es transportiert einen Menschen sicher von A nach B. Nicht umsonst heißt „volvo“ auf Lateinisch „ich rolle“.

Doch viele Menschen kaufen aus ganz anderen, emotionalen Gründen Autos, die teurer sind, aber trotzdem denselben Zweck erfüllen.
Dieses kleine Beispiel sollte dir verdeutlichen, dass Menschen keine (primär) rationalen Wesen sind und unser Gehirn Prozesse und Abkürzungen benutzt, die schnelles Handeln ermöglicht. Dies geht aber im Gegenzug auch mit einer großen Fehleranfälligkeit einher.

Diese irrationalen Denkfehler, um die es in der heutigen Podcastepisode gehen soll, nennen sich kognitive Verzerrungen oder auch cognitive biases genannt. Es soll aber keine Episode werden, in der wir nur psychologische Befunde rezitieren, sondern eine praktische Anleitung, wie du irrationale Denkfehler vermeiden kannst, um dir deinen Unternehmeralltag zu erleichtern und weniger Fehlentscheidungen zu treffen.

In der heutigen Episode werden wir das Gegenteil, von dem machen, was die meisten Persönlichkeitsentwicklungsgurus als heiligen Gral ansehen. Wir werden keine 10 Wege durchgehen, wie du mehr Selbstvertrauen, Selbstliebe und Vertrauen ins Universum aufbaust, sondern dir helfen besser zu zweifeln und die Entscheidungen zu überdenken, auch wenn es unangenehm ist.

Sind kognitive Verzerrungen irrationale Denkfehler?

Irrationalität

Jeden Tag müssen wir uns gegen eine riesige Informationsflut wehren. Wir nehmen so viele Sinneseinflüsse wahr, dass unser Gehirn gar nicht alle adäquat verarbeiten kann. Deshalb benutzt unser Gehirn Shortcuts- auch Heuristiken genannt. Das schnelle Verarbeiten von Informationen ist die Grundlage für unser alltägliches Handeln, und damit manövrieren wir uns sicher durch den Alltag, ohne dass wir über jede Kleinigkeit intensiv nachdenken müssen.

Unsere Gehirne funktionieren gut genug, um uns im täglichen Informationsmeer zurechtfinden und effizient unser Leben bestreiten zu können. Gehirn. Der überwiegende Teil unserer Informationsverarbeitung wird von unbewussten Routinen gesteuert. Das verhindert, dass wir uns permanent kognitiv überlasten.

Kognitive Verzerrungen können zu systematischen Denkfehlern führen

Das Problem mit unserer unbewussten Gewohnheit, routinisierte Heuristiken zu nutzen, ist, dass bestimmte systematische Verzerrung auftreten. Gerade als Unternehmer und Selbstständige mit großer Verantwortung wollen wir uns möglichst selten selbst betrügen. Deshalb haben wir dir hier eine selektive für Unternehmer relevante Auswahl an kognitiven Verzerrungen und unbewussten Denkfehlern zusammengestellt.

Denkfehler #1 Availability bias- das Gesetz des geringsten Widerstands

Stell dir vor: Der Gewinner eines Lottoscheins erhält viel Aufmerksamkeit in den Medien. Dies gibt uns die Idee, dass Gewinne häufiger vorkommen, während sie in Wirklichkeit sehr selten sind. Dieser einzelne Zwischenfall reicht aus, um uns davon zu überzeugen, ein Lotterielos für uns selbst zu kaufen.

Dieser so genannte Availability bias ist ein mentaler Shortcut, der es uns ermöglicht, auf der Basis der unmittelbaren Informationen, die uns in den Sinn kommen, die Welt zu verstehen. Wir neigen dazu, uns an seltenere Ereignisse zu erinnern als an gewöhnliche. Daher basieren schnelle Entscheidungen auf einer Überschätzung der Häufigkeit einiger dramatischer und lebhafter Vorfälle, die leichter zu erinnern sind.

Soweit so gut. Warum ist das ein Problem? Jeder denkt er könne Bitcoinmillionär werden oder das nächste Facebook gründen, nur weil er es in letzter Zeit häufiger im Fernsehen gesehen hat, dass ein junger Student, wie Mark Zuckerberg aus dem Nichts kommt und plötzlich einer der einflussreichsten Menschen der Welt wird.

Was wir vom Truthahn über die Unvorhersehbarkeit der Zukunft lernen können

Eng damit zusammen hängt das, was wir in diesem Fall Truthahnillusion nennen.

Angenommen wir wollen uns einen Truthahn vorstellen, der jeden Tag gefüttert und gemästet wird. Jede Fütterung wird die Überzeugung des Truthahns stärken, dass die Menschen ihm wohlgesinnt sind und ihm ohne eine Gegenleistung zu erwarten jeden Tag mit Futter versorgen. Doch dann passiert etwas Überraschendes. Die Amerikaner haben einen besonderen Tag im Jahr- Thanksgiving. Und wenn du einmal googlest, was das beliebteste Thanksgivingessen ist, sieht es nicht gut aus für den Truthahn und er wird seine Meinung ändern müssen.

Kurz gesagt: Wir können nicht auf der Grundlage des Bekannten Eigenschaften der Zukunft ermitteln? Ein klassische Denkfehler.

Ich will dich nicht nur vor Leuten warnen, die sagen, dass sie die Zukunft kennen, wie die meisten Menschen an der Börse, die spekulieren anstatt zu investieren, sondern dir sagen, dass unsere menschlichen Gehirn Antizipationsmaschinen sind, die den Blick in die Zukunft immer auf der Vergangenheit aufbauen.
Wir sind aber anfällig für blinde Flecken. Ein Beispiel dafür ist das Internet. Früher glaubte man, dass das Internet nicht weiter von Bedeutung sein würde und nur eine weitere Erfindung, aber das Internet hat die Welt in einer Weise verändert, von der wir es nie geglaubt hätten.

Denkfehler # 2 Verlustaversion

Emotionen und nicht Rationalität lenken unsere Entscheidungen. Lass es uns an einem Beispiel verdeutlichen. Hier zwei hypothetische Szenarien:

1) Du erhältst 1000 Euro und musst dich dann entscheiden ob du noch einmal 500 € sicher annehmen möchtest oder lieber die 50% Chance haben willst weitere 1000 € zu gewinnen.

2) Du erhältst 2000 € und darfst dann auswählen, ob du einen Verlust von 500 € hinnehmen willst oder ob du ein 50/50 Risiko eingehen möchtest 1000 € zu verlieren.

In beiden Fällen verspricht dir die sichere Option 1500 € und die riskante Variante je nach Ausgang 1000 oder 2000 Euro. Rein rational gesehen würden wir beide in beiden Szenarien die gleiche Wahl treffen.

Dies ist aber nicht der Fall. Im ersten Szenario entscheiden sich die meisten Menschen für die sichere Wette, während im zweiten Fall die meisten das Glücksspiel eingehen. Unser irrationales Verhalten hat drei Gründe

a) Verlustaversion: Wir fürchten Verluste mehr als wir gewinnen schätzen
b) Orientierung am Referenzpunkt.

Die Tatsache dass es in unserem Beispiel bei 1000 bzw. 2000 € losgeht, hat einen Einfluss darauf, wie wir unsere Chancen bewerten.

c) Der wahrgenommene Wert muss nicht den objektiven Wert entsprechen

Obwohl der wahrgenommene Wert der Abnahme von 1000 € auf 500 Euro nicht größer ist als die Abnahme von 2000 auf 1500, nehmen wir ihn als intensiver wahr.

Verlustaversion bezieht sich auf unsere Tendenz eher Verluste zu vermeiden anstatt Gewinne zu jagen, wenn wir eine Entscheidung treffen. Laut der Forschung ist der psychologische Effekt des Verlustes doppelt so groß wie der Gewinn. Selbst wenn der monetäre Wert des Verlustes und des Gewinns derselbe ist, werden wir dem Verlust eher eine größere Bedeutung beimessen.

Mit anderen Worten: Die Menschen fühlen den Schmerz, den der Verlust begleitet, stärker als das Vergnügen, das mit dem Gewinn verbunden ist. Infolgedessen gehen die Menschen am Ende mehr Risiken ein, um Verluste zu vermeiden, selbst wenn dies bedeutet, dass sie potenziell in einer schlechteren Position als vorher sind.

Wenn du also das nächste Mal eine Investition in welcher Form auch immer tätigst, denke daran, dass du beim Verlust wahrscheinlich mehr Angst haben wirst, aber dass die Chance auf den Erfolg genauso hoch sein kann. Um diese Verzerrung zu vermeiden, ist es wichtig, langfristig zu denken. Versuche das größere Bild und die Folgen, die folgen können, zu betrachten. Schnelle Entscheidungen sind schlechte Entscheidungen.

Denkfehler #3 Negativity bias

Dein Kunde sagt dir: „Ich war fast vollkommen zufrieden mit dem Produkt.“

Konzentrierst du dich auf das Lob oder das kleine „fast“?

Der negativity bias bezieht sich auf unsere Tendenz, negative Ereignisse im Vergleich zu positiven (mit gleicher Intensität) stärker zu berücksichtigen.
Unsere menschlichen Vorfahren mussten, um ihr Überleben zu sichern besonderen Wert auf lebensdienliche Dinge, wie Unterkunft, Nahrung und Fortpflanzung Acht geben. Was aber noch wichtiger war, war es von den Dingen weg zu kommen, die das Leben bedrohen könnten (Fressfeinde, Unterernährung und Aggression von anderen Menschen).

Diese Dinge haben von einem evolutionären Standpunkt aus gesehen eine höhere Dringlichkeit. Logisch! Wenn du heute keine Nahrung findest, kannst du das morgen nachholen, aber wenn du heute einen Fressfeind unterschätzt, bekommst du morgen keine zweite Chance mehr.

So haben diejenigen, die sich vorsichtiger verhalten haben eher überlebt und haben sich eher reproduziert. Und Voilà: Viele Tausende Generationen später sucht unser Gehirn immer noch eher nach Gefahren um zu überleben anstatt die positiven Aspekte des Lebens zu betrachten.

Der einzige Psychologe, der jemals einen Nobelpreis gewonnen hat ,Daniel Kahneman, fand sogar heraus, dass in intimen Beziehungen die Rate von positiven zu negativen Ereignissen eine Rate von 5:1 haben muss, damit ein negative Ereignis ausgeglichen wird.

Denkfehler #4 Ankereffekt

Der Anker-Effekt in der Verkaufspsychologie

„Dieses 50 € T-Shirt ist zu teuer für mich.“
„Sie haben Glück. Nur heute gibt es dieses Stück zum einem 20% Rabatt. “
„Das hört sich schon besser an. Wenn ich ein T-Shirt im Wert von 50 € günstiger bekommen kann, habe ich einen guten Deal gemacht. “

Auch wenn diese fiktionale Szene ein wenig vereinfacht ist, ist es ein Phänomen, das uns allen schon einmal passiert ist. Wir haben eine Tendenz, sich stark auf die ersten Informationen zu verlassen, die wir erhalten. Alle Entscheidungen oder Auswertungen, die wir machen, werden durch diesen „Anker“ beeinflusst, der zu unserem Bezugspunkt wird.

Wir tendieren dazu, unsere Entscheidungen nur aus diesem Referenzpunkt anzupassen. Der Grund, warum wir Schwierigkeiten haben, unsere zukünftigen Gefühle vorauszusagen, liegt daran, dass unser Bezugspunkt unser aktueller emotionaler Zustand ist. Der erste Eindruck oder die Wahrnehmung, die wir von allem machen, bleibt unser Anker- egal wie sehr wir behaupten, alle möglichen Faktoren bei der Entscheidung zu analysieren.

Der Ankereffekt beeinflusst den Betrag, den wir für Produkte bezahlen. Im obigen Beispiel hat die Person ein 50 € -Shirt gekauft, erst nachdem ihr gesagt wurde, dass sie es für 37.5 € bekommen kann. Weil der Ankerpreis von 50 € als Referenzpunkt benutzt wurde, sieht das Geschäft eigentlich ziemlich gut aus.

Ein klassisches Modell ist auch das Drei- Stufen- Preismodell. Hier gibt es immer ein teureres Angebot, das den Anker setzt, sodass das mittlere Angebot attraktiver erscheint. Wie du siehst, ist dieses sogar farblich hervorgehoben. In diesem Beispiel wir der Ankereffekt sogar zwei Mal genutzt, da das teuerste Angebot angeblich sogar 495 $ kostet. Was für ein Glück, dass du dieses Angebot ausgerechnet zu einem Zeitpunkt entdeckt hast, an dem du 40 % Rabatt bekommst.

Das Drei-Stufen-Modell um mehr zu verkaufen

Denkfehler #5 Bestätigungsfehler ( confirmation bias )

Der menschliche Geist, wenn er einmal eine Meinung angenommen hat, bezieht alle anderen Informationen auf seinen Standpunkt, um die Meinung zu unterstützen. – Francis Bacon

Der confirmation bias beschreibt unsere Tendenz Situationen in einer Weise zu interpretieren, die unsere eigenen langjährigen Überzeugungen bestätigen. Interessanterweise fühlt es sich an, als ob wir einen rationalen Ansatz nutzen, aber in Wirklichkeit testen und bestätigen wir nur, was wir schon glauben zu wissen. Wir neigen dazu, alle Informationen zu priorisieren, die unsere Sichtweise ergänzen und Alternativen abzulehnen.

Interessanterweise fühlt es sich so an, als ob wir einen rationalen Ansatz nutzen, aber in Wirklichkeit testen und bestätigen wir meistens nur, was wir schon glauben, wahr zu sein. Wir neigen dazu, Informationen zu begünstigen, die unsere Sichtweise ergänzen und lehnen Alternativen ab. Wir bemühen uns, solche Beweise zu suchen und ihnen große Bedeutung zu verleihen.

Der Bestätigungsfehler beeinflusst stark, wie Menschen Informationen sammeln, analysieren und abrufen. Unser Denken wird automatisch selektiv. Wir umgeben uns selbst mit Leuten, die mit unseren Ansichten übereinstimmen.

Es ist also im wahrsten Sinne des Wortes eine FestStellung, die dir als Folge dessen nicht mehr erlaubt deine vorgefertigten Meinungen zu hinterfragen.

Das klassische Beispiel dafür sind ältere Unternehmer, die sich ausschließlich im Offlinebereich aufhalten, weil sie „es immer schon so gemacht haben“ und seine älteren Kollegen ihm beipflichten. So muss er sich mit „seiner Wahrheit“ begnügen und wird aus purer Sturheit im wieder in seinem Glauben bestätigt werden, dass beispielsweise das Internet nur eine neumodische Erscheinung sei.

Denkfehler #6 Kognitive Dissonanz

Verkaufspsychologie: Das Bedürfnis nach persönlicher Integrität

Wir haben ein sehr starkes Verlangen danach konstant in unseren Worten unseren Handlungen zu sein. Lass uns einmal folgende Studie betrachten:

Wenn Menschen beispielsweise beobachteten, dass ein Dieb am Strand ein Radio vom Handtuch des Nachbars klaute, reagierten nur 20%. In einem Experiment, bei dem andere Menschen jedoch vom Besitzer gebeten wurden auf die Sachen aufzupassen, reagierten 95% der Menschen auf diesen Diebstahl und versuchten diesen zu verhindern.

Das Verlangen danach konstant, in Bezug auf das, was man besprochen hat zu erscheinen, hat ihre Bedenken nach persönlicher Sicherheit übertrumpft. Doch was sorgt für dieses Bedürfnis nach Konstanz? Die Antwort ist Verpflichtung.

Kognitive Dissonanz bezeichnet in der (Sozial-)Psychologie einen als unangenehm empfundenen Gefühlszustand, der dadurch entsteht, dass ein Mensch mehrere Kognitionen gleichzeitig hat – Wahrnehmungen, Gedanken, Meinungen, Einstellungen, Wünsche oder Absichten –, die nicht miteinander vereinbar sind.
Kognitive Dissonanz tritt unter anderem auf,

  • wenn man eine Entscheidung getroffen hat, obwohl die Alternativen ebenfalls attraktiv waren
  • wenn man eine Entscheidung getroffen hat, die sich anschließend als Fehlentscheidung erweist
  • wenn man gewahr wird, dass eine begonnene Sache anstrengender oder unangenehmer wird als erwartet
  • wenn man große Anstrengungen auf sich genommen hat, nur um dann festzustellen, dass das Ziel den Erwartungen nicht gerecht wird
  • wenn man sich konträr zu seinen Überzeugungen verhält, ohne dass es dafür eine externe Rechtfertigung (Nutzen/Belohnung oder Kosten/Bestrafung) gibt

 

Auch Scheinlösungen, Illusionen und Ausreden können Spannungen reduzieren:

1. Die Erregung wird auf äußere Ursachen zurückgeführt

2. Der Widerspruch zwischen Verhalten und Einstellung wird heruntergespielt („So schlimm ist mein Verhalten nun auch wieder nicht.“)

3. Das Verhalten wird als erzwungen dargestellt („Ich musste so handeln.“)

4. Nichtwahrnehmen, Leugnen oder Abwerten von Informationen

5. Selektive Beschaffung und Interpretation von Informationen

Entweder wird das Verhalten geändert, sodass es zur Überzeugung passt, oder die Überzeugung wird geändert, sodass sie zum Verhalten passt, oder weitere Überlegungen werden als Rechtfertigung hinzugezogen. (zum Beispiel „Diese Prüfung war so wichtig, dass Schummeln ausnahmsweise in Ordnung war“)

Kurz gesagt: Bevor wir den Schmerz ertragen unser Selbstbild nicht mit unseren Handlungen in Einklang zu bringen, betrügen wir uns eher selbst und rationalisieren irrationales und destruktives Verhalten.

Die Forschung zeigt, dass, wenn wir uns einmal zu etwas verpflichtet haben (egal ob durch Worte oder Handlungen) wollen wir unbedingt auch unser Versprechen halten und konstant bleiben. Ein öffentliches Versprechen ist daher ein sehr machtvoller Motivator.

Kognitive Dissonanz ist ein komplexes Thema, aber für unsere Zwecke können wir uns merken: Bevor wir den Schmerz ertragen unser Selbstbild nicht mit unseren Handlungen in Einklang zu bringen, betrügen wir uns eher selbst und rationalisieren irrationales und destruktives Verhalten.

Auch eine Reihe von sozial-psychologischen Experimente zeigt die verrückten Auswirkungen der kognitiven Dissonanz: Wenn jemand dazu gebracht wird einen Aufsatz zu schreiben oder einen Fragebogen auszufüllen, in dem er gegen seine politischen Ansichten argumentieren soll und dann in zwei Wochen denselben Fragebogen ausfüllen, hat sich ihre Meinung radikal verschoben.

Wie kannst du damit deinen Umsatz steigern?

Wir wollen uns hier beim Unternehmerkanal aber nicht nur auf interessante Studien konzentrieren oder auf Möglichkeiten dich selbst zu motivieren, sondern darauf, wie du die Erkenntnisse der Verkaufspsychologie nutzen kannst, um deinen Umsatz zu steigern.

Ein praktisches Anwendungsbeispiel wäre die so genannte „Foot in the door- Technik“. Wenn du deinen Kunden dazu bekommst kleine Verpflichtung gegenüber dir und deinem Unternehmen einzugehen, ist es für den Kunden unterbewusst nur logisch auch größere und teurere Angebote von dir wahr zu nehmen. Er hat dir ja schließlich bereits einmal das Vertrauen gegeben.

Besonders ein so genannter Tripwire, der aus dem E-Mailmarketing bekannt ist, ist eine hervorragende Möglichkeit dazu. Ein Tripwire ist ein extrem günstiges Angebot (selten über 50 Euro) , das für viele Kunden fast automatisch zum Kauf führt und ihn so eine kleine Verpflichtung eingehen lässt und damit die Tür für weitere Käufe öffnet. Aber auch das Einsammeln einer E-Mailadresse kann schon als kleine persönliche Verpflichtung angesehen werden.

Wenn dein Kunde bereits einmal bei dir gekauft hat, ist eine unsichtbare Vertrauensbarriere überwunden und die Chance, dass er regelmäßig bei dir kauft steigt stark.

Wie du kognitive Dissonanz in deinem Privatleben nutzt

Wenn du eine neue Gewohnheit oder ein Projekt umsetzen möchtest, erzähl allen davon, poste es auf Facebook. So erhörst du die Wahrscheinlichkeit, dass du es tatsächlich umsetzt. Der Wunsch kongruent zu erscheinen ist eine starke Motivation.

Denkfehler #7 FOMO (Fear of missing out) und das Wahlparadoxon

unfokussiert

Im dritten Jahrhundert v. Chr. setzte General Xiang Yu seine Armee über den Jangtse, um gegen die Truppen der Qin-Dynastie zu kämpfen. Während seine Mannschaft schlief, verbrannte er der Sage nach alle Schiffe. Am nächsten Tag erklärte er seiner Truppe: Jetzt habt ihr die Wahl: Entweder ihr kämpft bis zum Sieg oder ihr werdet sterben.

Indem er seiner Mannschaft die Möglichkeit zur Rückkehr nahm, lenkte er ihren Fokus auf das Einzige, was zählte: den Kampf. Den gleichen Trick benutzte der spanische Konquistador Cortés im 16. Jahrhundert. Nach der Landung an der Ostküste Mexikos, so sagt man, versenkte er die eigenen Schiffe. Xiang Yu und Cortés sind wohl eher Ausnahmen. Im meinem Bücherschrank stehen noch mindestens 10 angelesene Bücher. Ich habe keines von ihnen bisher bis zum Ende durchgelesen.
7 Projekte gleichzeitig, 3 Sportarten und zu viele Interessen- aber ich will nichts davon loslassen.

Das Ganze trägt auch den Namen FOMO (fear of missing out). Wikipedia sagt:

Die Angst, etwas zu verpassen (engl.: Fear of missing out, abgekürzt FOMO), ist eine Form der gesellschaftlichen Beklemmung/Angst/Besorgnis. Das Phänomen beschreibt die zwanghafte Sorge, eine soziale Interaktion, eine ungewöhnliche Erfahrung oder ein anderes befriedigendes Ereignis zu verpassen und nicht mehr auf dem Laufenden zu bleiben.

Wir sind fast paralysiert von der überwältigen Kraft der Möglichkeiten. Andererseits wollen wir auch keine der Optionen aufgeben. Warum auch?
Solange du dich nicht entscheidest, bleibt alles möglich- in deinem Kopf zumindest. Solange du dich nicht verpflichtest, gibt es buchstäblich ein Multiversum unendlicher Möglichkeiten.

In der Minute jedoch, in der du etwas wählst, brechen alle anderen Optionen (kurzfristig) und du findest dich stattdessen in der Wüste der Realität wieder.
Andererseits ist es nicht mehr als eine Traumwelt.

Das Wahlparadoxon

Wahlparadoxon

In unserer Überflussgesellschaft sind wir tagtäglich mit einer endlosen Reihe an Angeboten und Möglichkeiten konfrontiert- von der Kleidung, die wir tragen bis zur Wahl unseres Mittagessens. Diese Möglichkeit zu wählen gibt uns das Gefühl der Freiheit. Das glauben wir zumindest.

In der Psychologie nennt man das Ganze: The paradox of choice (Das Paradoxon der Wahl). Dieses stellt diesen verbreiteten Glauben komplett auf den Kopf und behauptet dagegen, dass die Fülle an Wahlmöglichkeiten uns in psychische Bedrängnis bringt und es uns unglaublich schwer macht überhaupt etwas auszuwählen. Wenn wir Entscheidungen getroffen haben, kann die Existenz von all den anderen verbliebenen Optionen uns nämlich eher unglücklich machen.

Jede Sekunde unseres Lebens treffen wir Entscheidungen und in jedem einzelnen Fall gibt es auch Alternativen, die eben jeweils andere Konsequenzen haben. Damit wächst der Druck zur „richtigen“ Entscheidung. Die Entscheidung wird zur enormen Verantwortung und zur Belastung. Nicht umsonst nennen wir es die Qual der Wahl.

Wie wehren wir uns gegen die Denkfehler und irrationale und vorschnelle Entscheidungen?

Kognitiv wissen wir es alle: Wir sollten regelmäßig zum Sport gehen und uns nicht regelmäßig vom Smartphone beim Lernen ablenken lassen.

Doch Allgemeinwissen ist nicht immer die Allgemeinpraxis. Warum scheitern wir also häufig, obwohl wir wissen, was wir zu tun haben? Die Antwort ist: Wir verlassen uns auf unsere Willenskraft. Das Problem daran ist, dass Willenskraft immer begrenzt ist. Mit jeder Nutzung dieser schwindet diese.

Unser Gehirn ist faul- sehr faul- und versucht, wo auch immer es kann Energie zu sparen.
Für jede ungewohnte Tätigkeit. die wir noch nie gemacht haben, muss das Gehirn hochkonzentriert sein und braucht daher viel mehr Energie und Willenskraft. Das bedeutet: Je mehr du deine wertvolle Willenskraft anzapfst, desto weniger Willenskraft bleibt dir zur freien Verfügung für wichtige Dinge.

Das ist auch ein Grund, warum wir die meisten irrationalen Entscheidungen, die wir später bereuen, abends bzw. nachts treffen. Unsere Willenskraft ist aufgebraucht und wir durchdenken unsere Pläne nicht mehr im Detail. Vielleicht ist es aber auch nur bei mir so. Diese Denkfehler können uns teuer zu stehen bekommen.

Kurz gesagt: Unsere Batterie der Willenskraft ist leer!

Experiment zur Willenskraft- darum brauchen wir Gewohnheiten

Eine Studie von Baumeister zeigt, wie leicht es ist, unsere Willenskraft zu schwächen. Die eigentliche Untersuchung wurde als Geschmackstest getarnt und die Teilnehmer sollten mit leerem Magen erscheinen. Auf dem Tisch im Versuchsraum stand sowohl eine Schale mit Radieschen als auch eine Schale mit duftenden Keksen.
Nur einem Drittel der Teilnehmer wurde es gestattet, die dampfenden Kekse zu essen, während ein weiteres Drittel lediglich die Radieschen verputzen durfte. Das übrige Drittel der Teilnehmer diente als Kontrollgruppe.

Das unlösbare Rätsel und die Rolle der Willenskraft

Anschließend wurden die getesteten Personen in einen weiteren Raum geführt, wo sie ein Rätsel lösen sollten. Die Gemeinheit: Das Rätsel war unlösbar, weshalb die Teilnehmer zwangsläufig irgendwann aufgaben. Die Forscher stellten ja nach Gruppe jedoch einen großen Unterschied in der durchschnittlichen Versuchszeit fest. Woran lag das?

Wirklich bemerkenswert war folgende Beobachtung:

Die Probanden der Keksfraktion hielten durchschnittlich 19 Minuten durch. Doch die Teilnehmer der Radieschen-Gruppe, denen der Genuss der Kekse verwehrt blieb, gaben schon nach durchschnittlich 8 Minuten auf.

Fazit über Willenskraft und Denkfehler

Die Theorie, dass mentale Anstrengung unsere Willenskraft negativ beeinflussen kann, wird Selbsterschöpfung (Ego Depletion) genannt:

Wenn Baumeister mit seiner Theorie Recht hat, dann ist unsere Fähigkeit zur Selbstkontrolle beschränkt. Sie ist abhängig davon, in wieweit unsere mentale Energie zum jeweiligen Zeitpunkt aufgebraucht ist.

Wenn unsere Willenskraft einmal erschöpft ist, weil wir aktiv einer Versuchung widerstehen mussten, dann fehlt diese Willenskraft an anderer Stelle.

Eine mögliche Lösung gegen irrationale Denkfehler

Wie Aristoteles schon sagte, müssen wir um exzellent zu sein, nicht nur exzellent denken, sondern wir auch exzellent handeln. Nachdem du nun weißt, dass unsere Willenskraft begrenzt ist und du sie schützen solltest, können wir uns der viel interessanteren Frage widmen, wie wir das Wissen über die Willenskraft zu unserem Vorteil nutzen. Vision ohne Aktion bleibt eine Illusion.Wir unterschätzen häufig die enorme Wichtigkeit der Gewohnheiten in unserem Leben.

Wir sind das was wir wiederholt tun. Vorzüglichkeit ist daher keine Handlung, sondern eine Gewohnheit. – Aristoteles

Wenn wir uns die heutigen Erkenntnisse aus der Neurowissenschaft angucken wissen wir, dass Aristoteles Recht hatte. Elektrische Signale wandern die Bahnen entlang von Neuron zu Neuron und liefern eine gewisse Handlung oder einen gewissen Gedanken. Je häufiger und je regelmäßiger wir bestimmte Handlungen oder Denkmuster durchführen, desto stärker wird die neuronale Verknüpfung. Kurz gesagt: Das, was schwer war, wird einfach.

Neuronen, die gemeinsam feuern, bilden eine gemeinsame Verbindung. (Hebb’sche Regel)

Eine interessante Lindstrom- Studie zeigt auch welche enorme Zugkraft der Pfad des geringsten Widerstandes auf uns hat. Durch den Gebrauch von fMRI- Scans hat er die Gehirne einige Menschen beim Abspielen des extrem nervigen Nokia Klingeltons aufgenommen. Dieser wurde fast ausschließlich als negativ wahrgenommen. Trotzdem hatten 80 Millionen Nokianutzer diesen Ton als Standardton behalten.

Aber warum würde ein Mensch sich tagtäglich diesem unangenehmen Gefühl aussetzen? Weil es der Standardklingelton ist und damit der Pfad des geringsten Widerstandes.

Besonders am Arbeitsplatz oder beim Lernen ist dieser Pfad nicht wirklich hilfreich, weil er die Produktivität einschränkt und Prokrastination fördert. Und die Technologie macht es uns immer einfacher Zeit zu verschwenden. Ablenkung ist für uns also zum Pfad des geringsten Widerstands geworden.

Automatisierungen und Gewohnheiten als effektives Mittel gegen irrationale Denkfehler

Barry Schwartz erklärt in seinem überragenden Buch: The Paradox of Choice, dass es Sinn machen kann im Vorhinein eigene Verhaltensregeln aufzustellen um nicht die Qual der Wahl haben zu müssen. Seit dem meine Regel ist meine E-Mails nur noch 1 Mal pro Tag zu checken, habe ich den Kopf beispielsweise wieder frei für wichtige Dinge! Besonders zu Beginn der Integration einer neuen Gewohnheit können diese Regeln sinnvoll sein. Später können wir die Zügel ein wenig lockerer lassen.

Die Macht der Checklisten als Möglichkeit um Denkfehler zu vermeiden

Der zweite Trick sind Checklisten. Checklisten sind so schlicht, wie sie klingen- ein Liste mit Schritten, die beim Verrichten einer Prozedur ausgeführt werden müssen. Erstaunlicherweise sind es häufig die offensichtlichen Schritte, die mit desaströsen Auswirkungen vergessen werden. Es funktioniert als Sicherheitsnetz, das gewährleistet, dass uns das Wichtigste nicht entgeht.

Sind die grundlegenden Punkte einmal abgehakt, fühlen wir uns besser gerüstet, um komplexe Aufgaben zu vollrichten. Es sind mehr als die glorifizierten To-Do-Listen, die man nicht abarbeitet. Sie können ein extrem mächtiges Werkzeug sein. Wenn wir nicht jedes Mal auf Neue überlegen müssen, was wir zu tun haben, sparen wir wertvolle Willensenergie und können diese für wichtige Fragen verwenden, wie die Frage, welchen Lieferdienst wir heute kommen lassen.

Es ist schwer vorstellbar, dass sich eine simple Checkliste signifikant auswirken kann, aber medizinische Programme, die den Gebrauch von Checklisten untersuchen, haben gezeigt, dass eine Menge Fehler vermieden werden können, Geld gespart und Leben gerettet werden können-

Die „Keystone- Initiative“, die das Ziel hat die Anzahl von Infektionen zu verhindern, die durch Venenkathether verursacht werden, wurde durch das simple Einsetzen einer Checkliste enorm erfolgreich. Diese konnte innerhalb von 18 Monaten zu Einsparung von 175 Millionen Dollar führen und 1500 Leben retten. Alles durch eine simple Checkliste.

Wir Menschen sind irrationaler und fehleranfälliger als wir glauben und auch wenn Motivationsredner uns mit 120 Dezibel ins Ohr schreien, dass du es einfach so sehr wollen musst wie die Luft zum Atmen, ist es nicht immer ratsam gegen die Strom zu schwimmen. Und das tun wir, indem wir uns gegen die Evolution stellen. Wenn wir jedoch mit dem Strom schwimmen und das Wissen für uns nutzen können wir uns einfach treiben lassen.

Auch beim Unternehmerkanal nutzen wir dieses Wissen praktisch. Es gibt für die meisten Prozesse Checklisten, um alles automatisieren zu können und die Möglichkeit zu verringern, dass es zu Fehlern kommt. So können wir uns den Hirnschmalz für wichtige Ding aufsparen.

Können wir kognitive Verzerrungen und Denkfehler komplett eliminieren

Auch bei dieser Frage wollen wir die Hüllen der Illusion fallen lassen. Die klare Antwort lautet Nein. Es gibt gegenwärtig keine Mittel, um unser Gehirn so zu verändern, dass wir nicht mehr anfällig für verzerrtes Denken wären.

Der alternative Weg, um jede Verzerrung zu vermeiden, wäre ein permanentes aktives Nachdenken darüber, ob das eigene Denken bei jeder noch so banalen Informationsverarbeitung verzerrt ist oder nicht. Ganz hilflos sind wir aber nicht. Wir können nämlich unsere Anfälligkeit für verzerrtes Denken ein wenig reduzieren. Dadurch, dass Sie bis hierher gelesen haben, haben Sie schon einen Schritt in diese Richtung gemacht: Wenn wir uns bewusst sind, dass auch wir verzerrt denken, werden wir unserem eigenen Denken gegenüber skeptisch. Diese Einsicht ist essenziell.

Die Bereitschaft, zu akzeptieren, dass wir uns getäuscht haben können und wir Denkfehler machen ist nicht nur menschlich, sondern die Grundlage kritischen Denkens.

Wenn du weitere Informationen zu irrationalen Denkfehlern und Kognitiven Verzerrungen haben willst,kann ich dir das Buch Schnelles Denken, langsames Denken von Daniel Kahneman empfehlen:

Schnelles Denken, langsames Denken – Zusammenfassung (von Daniel Kahneman )