Überschreiten der Umsatzgrenzen bei bestehender Kleinunternehmerreglung
Als Kleinunternehmer besteht der große Vorteil darin, dass die Umsatzsteuerreglung vereinfacht ist, bzw. keine Umsatzsteuer erhoben werden muss. Für dieses Privileg müssen allerdings bestimmte Bedingungen erfüllt werden.
Wir erinnern uns; als Kleinunternehmer gilt: wer…
- im laufenden Jahr nicht mehr als 22.000 Euro Umsatz erzielt hat
und - im folgenden Jahr voraussichtlich nicht mehr als 50.000 Euro erwirtschaften wird.
Nun kann es aufgrund unverhoffter Aufträge oder Bestellungen dazu kommen, dass die Jahresumsatzgrenze unabsichtlich überschritten wird.
Vorsicht: wenn die Unternehmensgründung im laufenden Jahr, im sogenannten Rumpfjahr erfolgte, müssen die Umsätze auf einen Jahresumsatz hochgerechnet werden. Konkret bedeutet dies; angenommen ein Unternehmer meldet sein Gewerbe im September an, so darf er im ersten Jahr den Umsatz von 5.833 Euro (17.500 / 12 Monate * 4 Monate) nicht überschreiten, ohne optieren zu müssen. Wird dieser Betrag überschritten, gilt die Kleinunternehmerreglung im Folgejahr nicht mehr.
Wie der Jahresumsatz berechnet wird, was bei der Überschreitung der Umsatzgrenze für Folgen entstehen und wie folglich der Wechsel der Besteuerungsform von statten geht, nehmen wir folgend unter die Lupe:
Wie setzt sich der Jahresumsatz zusammen?
Die Umsatzgrenzen sind laut §19 UStG genau festgelegt, daraus entwickelt sich folglich die Frage, was denn überhaupt unter einem Jahresumsatz zu verstehen ist.
Laut des UStG sind in dem Umsatzsteuerrecht alle umsatzsteuerpflichtigen Einnahmen enthalten. In der Kleinunternehmerreglung fließen die steuerfreien Umsätze nicht mit ein, diese steuerfreien Umsätze können beispielsweise,
- ärztliche Heilbehandlungen,
- Vermietung und Verpachtung von Grundstücken,
- Berufsqualifizierende Leistungen selbstständiger Lehrkräfte an öffentlichen Bildungseinrichtungen,
- Bestimmte Exporte
sein.
Bei der Regelbesteuerung wird die private Nutzung des Geschäftstelefons oder Geschäftswagen als einen geldwerten Vorteil gewertet, der damit auch zum Umsatz gezählt wird. Als Kleinunternehmer werden diese unentgeltlichen Zuwendungen nicht dem Umsatz zugerechnet, was der Umsatzbemessungsgrenze einen positiven Spielraum nach oben verleiht.
Wie wird der Jahresumsatz berechnet?
Für die Ermittlung des Gesamtumsatzes sind die vereinnahmten Entgelte plus der darauf entfallenden Umsatzsteuer, also der Brutto-Ist-Gesamtumsatz zu verrechnen. Wenn der Kleinunternehmer Umsätze, die einer Margenbesteuerung unterliegen (Reiseleistungen, Differenzbesteuerung) ausweist, so ist nicht die Marge allein, sondern auch die Einnahmen daraus zu ermitteln.
Der maßgebliche Umsatz errechnet sich wie folgt:
Steuerbare Umsätze nach § 1 Nr. 1 UStG
– Steuerfreie Umsätze nach § 4 Nr. 8i, Nr. 9b und Nr. 11-28
– Steuerfreie Umsätze nach §4 Nr. 8a-h, Nr.9a und Nr.10, wenn sie Hilfssätze sind, also nicht
den Hauptzweck des Unternehmens darstellen
= Gesamtumsatz (ggf. hochgerechnet auf einen Jahresumsatz)
– Verkauf und Entnahmen von Wirtschaftsgütern des Anlagevermögens
+ Umsatzsteuer (soweit es sich um grundsätzlich steuerpflichtige Leistungen handelt)
= Maßgebende Umsatz
(Quelle: IHK Hannover)
Was passiert bei der Überschreitung der Jahresumsatzgrenzen?
Wenn das Unternehmen trotz anderer Erwartung so florieren sollte, dass die Umsatzgrenze von 22.000 Euro schon im laufenden Jahr überschritten wird (was darüber hinaus Anlass zur Freude sein sollte), so stellt sich die Frage, ob der Kleinunternehmer sofort optieren muss. Mit optieren ist gemeint, dass der Unternehmer nun der Regelbesteuerung unterliegt und somit Umsatzsteuerpflichtig ist und die monatliche Umsatzsteuervoranmeldung beim Finanzamt elektronisch abgeben muss.
Der Unternehmer muss in diesem Falle nicht sofort optieren, wenn er im laufenden Jahr unterhalb der 50.000 Euro Grenze bleibt, Voraussetzung ist, dass er im Vorjahr unter 22.000 Euro seinen Umsatz verzeichnete. Allerdings muss er im nächsten Jahr, dem Folgejahr optieren.
Der Wechsel von der Kleinunternehmerreglung zur Regelbesteuerung
Bei Überschreitung der Umsatzgrenze erfolgt der Wechsel zur Regelbesteuerung automatisch, ohne vorher durch das Finanzamt darauf aufmerksam gemacht zu werden. Damit gilt, dass die Umsatzsteuer nun auf den Rechnungen gesondert erscheinen muss und der Unternehmer diese stellvertretend für das Finanzamt einzieht.
Unter Umständen kann es bei dem Wechsel der Besteuerungsform zu einer Vorsteuerberichtigung kommen. Die Berichtigung kann, bei einem Wechsel von der Kleinunternehmerreglung zur Regelbesteuerung, zugunsten des Unternehmers erfolgen und zulasten des Unternehmers in umgekehrter Folge. Voraussetzung für eine Vorsteuerberichtigung ist, dass die Umsatzsteuer, die bei einem Erwerb eines Gegenstandes oder einer Leistung entstanden ist, mehr als 1.000 Euro betragen hat.
Angenommen, der Kleinunternehmer bemerkt erst im Laufe des Folgejahres, dass er in die Regelbesteuerung gewechselt hat, so muss er trotzdem die Umsatzsteuer an das Finanzamt abführen. Für den Unternehmer bedeutet das, dass der Gewinn in den Monaten der nicht abgeführten Umsatzsteuer um den Umsatzsteuersatz geschmälert wird.
Wenn der Kleinunternehmer geschäftliche Beziehungen zu Unternehmen unterhält, so kann er statt der Kleinunternehmer Rechnung eine korrigierte Rechnungen verschicken, auf denen die Umsatzsteuer ausgewiesen ist. Zwar entsteht für die Kunden kein finanzieller Nachteil, da der Rechnungsempfänger seinerseits die Vorsteuer geltend machen kann, nur wird dies für die weiteren geschäftlichen Beziehungen nicht unbedingt zum Vorteil sein.
Anders verhält es sich bei Privatkunden, die keine Vorsteuer geltend machen können und ihnen somit Mehrkosten entstehen. Unternehmer sind darüber hinaus verpflichtet den Verbrauchern die Bruttopreise zu nennen, so dass die nachträglichen Preiserhöhungen sich rechtlich nicht durchsetzen lassen.
Umsatz überwachen
Um solche unangenehmen Überraschungen zu vermeiden ist es für den Kleinunternehmer umso wichtiger seinen Umsatz genau zu überwachen und gegebenenfalls bei drohender Überschreitung zu intervenieren. Das kann beispielsweise darin erfolgen, dass zu Jahresende Aufträge abgelehnt oder ins neue Jahr mitgenommen werden, um die drohende Umsatzüberschreitung abzuwenden. Sofern eine Ist-Versteuerung besteht (nur der Zahlungseingang zählt) können Rechnungen auch erst im nächsten Jahr geschrieben werden.